Lebensführung und solidarisches Handeln unter Modernisierungsdruck - Was bewegt die unter 35-jährigen im Dienstleistungsbereich? (U35)

Gegenwärtig finden, besonders im Dienstleistungsbereich, tiefgreifende Veränderungen der Arbeitswelt statt. Zunehmend wird Eigenverantwortung, Autonomie und Selbstorganisation erwartet. Auch im Privatbereich gibt es ähnliche Herausforderungen. Die Work-Life-Balance scheint schwieriger zu werden. Die jungen Beschäftigten sind davon in besonderer Weise betroffen.

Fragestellung

Wir haben in unserer Untersuchung die Fragestellung bearbeitet, wie sich die jungen Menschen im Dienstleistungsbereich zu diesen Entwicklungen verhalten, wie sie damit umgehen. Was bewegt also die 25-35-Jährigen im Dienstleistungsbereich? Wie sehen sie selbst die Entwicklungen in ihrem Arbeits- und Lebensbereich? Wie beurteilen sie ihre eigene Situation? Welche eigenen Orientierungen, welche eigene Stile der Lebensführung und welche neue Formen engagierten Handelns entwickeln sie? Es geht in dem Projekt darum, wie die jungen Menschen mit  diesen schwierigen Situationen umgehen. Die zu gewinnenden Erkenntnisse können Hinweise darauf geben, welches Verständnis von gesellschaftlicher Beteiligung die jungen Beschäftigten haben, welche individuellen und kollektiven Integrations- und Bewältigungsstrategien sie entwickeln.

Wir wollen dabei die Unterschiede zwischen Branchen, Milieus, Geschlechtern und Regionen berücksichtigen.

Forschungsfeld

Als Forschungsfeld wurden zwei Regionen ausgewählt, Baden-Württemberg und Berlin-Brandenburg. Die Dienstleistungsbereiche Gesundheitswesen, öffentlicher Dienst/Verbände, Banken/Versicherungen, und der IT-Bereich scheinen dem Modernisierungsdruck besonders stark ausgesetzt zu sein. Wir haben sie deshalb in den Mittelpunkt unserer Untersuchung gestellt.

Untersuchungsprogramm

Unser Untersuchungsprogramm hat Umfragen mit einem Fragebogen, Interviews oder Gruppendiskussionen eingeschlossen. Insgesamt wurden 1298 junge Menschen mit dem Fragebogen befragt, pro ausgewählten Betrieb sind das 30-40. Zusätzlich wurden 43 Leitfadeninterviews und 6 Focus-Groups durchgeführt. Hinzu kamen 3 Interviews mit Psychotherapeut_innen.

Zielgruppe

Die Gruppe der 25-35 Jährigen wurde als Zielgruppe des Projekts ausgewählt, weil sie eine besonders wichtige und aktive Berufsgruppe darstellt, die sich gleichwohl wenig an den Aktivitäten der Mitbestimmung beteiligt. Sie trägt eine hohe gesellschaftspolitische Verantwortung. Die Betriebe im Dienstleistungsbereich sind auf die Gruppen der 25-35-Jährigen in besonderer Weise angewiesen.

Ein detailliertes Wissen über die Orientierungs- und Handlungsformen dieser Altergruppe soll dazu beitragen sich gezielter und effizienter auf diese Gruppe einstellen. Die Ergebnisse können aber auch Hinweise darauf geben, welche neuen Angebote der Fort- und Weiterbildung entwickelt werden müssen. Wenn man davon ausgeht, dass sich erfolgreiche Bildungsarbeit neben der Interessen der Betrieben auch an den Interessen der Teilnehmenden orientieren muss, dann ist es unumgänglich, diese Interessen und die Orientierungen der jungen Beschäftigten in Dienstleistungsunternehmen sowie ihre Konzepte der Lebensführung zu ermitteln.

Publikation und Konferenz

Ein Buch mit den Projektergebnissen ist im März 2011 erschienen:

Held, Josef/ Bibouche, Seddik/ Billmann, Lucie/ Holbein, Melanie/ Kempf, Martina/ Kröll, Tobias (2011): Was bewegt junge Menschen? Lebensführung und soldarisches Handeln junger Beschäftigter im Dienstleistungsbereich. Wiesbaden: VS-Verlag.

Zu dem Projekt fand am 19. Mai 2011 eine Konferenz in Berlin statt.